Die Tierkreisgebärden (R. Steiner)
Zeichnung der 12 eurythmischen Tierkreisgesten von Oswald Dubach, 1927
Formen, die sich aus der Wesenheit des Menschen ergeben
R. Steiner, Lauteurythmiekurs. GA 275, 10. Vortrag, 7. Juli 1924
So wollen wir zunächst einmal heute den Versuch machen, von der Wesenheit des Menschen auszugehen, die Formen zu suchen, die sich aus der Wesenheit des Menschen ergeben können, und dann weitergehen und uns fragen: Welche Laute können gedacht werden mit diesen betreffenden Formen?
Stellen Sie sich in einem Kreise auf, so dass Sie alle gleiche Abstände haben.
- Heben Sie beide Arme in die Höhe, Handflächen auswärts, spreizen Sie alle Finger.
- Halten Sie den rechten Arm an den Körper, die linke Hand leicht in die Seite gestemmt.
- Beide Arme nach vorn, übereinandergelegt.
- Die Arme entlang dem Körper, linker Arm etwas abstehend.
- Einen Fuss vorgestellt, die linke Hand fasst den Ellbogen der rechten.
- Ballen Sie die linke Hand etwas zur Faust, geben Sie sie an die Stirne; machen Sie mit dieser (rechten) etwas weiter nach vorne gestellten Hand diese Geste (siehe Zeichnung VI).
- Beide Hände nach vorn, die linke nach unten, die rechte nach oben.
- Sie stehen bloss auf dem linken Fuss, den rechten halten Sie etwas gehoben, die rechte Hand vertikal aufwärts, die linke Hand etwas gebeugt abwärts.
- Kopf nach vorn abwärts, mit der rechten Hand das Kinn berühren, die linke Hand hängen lassen.
- Umschlingen Sie mit dem rechten Arm den Kopf und bedecken Sie mit der linken Hand den Kehlkopf.
- Stellen Sie die Füsse nach einwärts und kreuzen Sie die Arme.
- Linken Arm über der Brust, rechten auf dem Rücken.
Das ist die Reihenfolge von Löwe über Jungfrau bis Krebs (Anm. TH)
Nun sehen Sie eine Anzahl von Gesten. Diese Gesten stellen Ihnen in ihrem Gesamtumfange eigentlich das ganze Menschenwesen dar, man möchte sagen, das ganze Menschenwesen zwar in zwölf einzelne Elemente zersplittert, aber doch das ganze Menschenwesen.
Sie könnten sich auch vorstellen, dass ein Mensch hintereinander diese Gesten machen würde. Wenn Sie sich das vorstellen würden, dass ein Mensch hintereinander diese Gesten machen würde, dann würden Sie noch deutlicher sehen, dass eigentlich auf die Weise, dass ein Mensch diese sämtlichen Gesten macht, sich das menschliche Wesen in einer ganz ausserordentlich starken Weise zum Ausdrucke bringt.
Wollen wir dieses menschliche Wesen nun einmal durchgehen. Beginnen wir einmal hier (Geste IV).
Skorpion
Stellen Sie sich bitte vor so dargestellt jenes Element im Menschen, das vorzugsweise der Intellekt, der Verstand ist. Wollen wir uns das nur gut in unsere Seele einschreiben: Wir haben hier die Geste, welche der Ausdruck des Verstehens, des Verstandes ist.
Löwe
Sehen Sie sich nun diese Geste (I) an: Es strömt sonnenhaft dasjenige aus, was man das Element der Begeisterung nennen kann, das Element, das namentlich in der Brust seinen Ursprung hat. So dass wir also sagen können, Geste IV: Kopf; Geste I: Brust, die Begeisterung.
Stier
Jetzt gehen wir hierher (Geste X). Da haben wir: Kopf vom rechten Arm umschlungen, mit der linken Hand den Kehlkopf bedeckend. Hier haben wir alles dasjenige, was im Menschen Willensausdruck ist – das Wort soll schweigen –, wenn sich der Mensch hinstellt und den Willen repräsentiert; alles dasjenige haben wir, was Willensausdruck ist, was zur Tat werden kann. Wir können also sagen: Gliedmassen, Wille, Tat.
So haben wir eigentlich im Grunde genommen jetzt die drei Glieder der menschlichen Natur: Verstand, Gefühl, Wille.
Wassermann
Nun haben wir auch noch die Geste, welche alles das, was wir haben, zusammenfasst. Sehen Sie einmal, wie diese hier das Gleichgewicht sucht (Geste VII).
Sie sucht das Gleichgewicht zwischen allen anderen. Man kann sich denken, dass die Arme auch so sich bewegen (auf und nieder bewegen), dass dadurch das Gleichgewicht gesucht wird. Also hier wird das Gleichgewicht gesucht; der ganze Mensch sucht das Gleichgewicht. Wir können sagen, der Mensch als solcher oder auch der im Gleichgewicht seiner drei Kräfte Denken, Fühlen und Wollen befindliche Mensch. Ich werde nur schreiben: der im Gleichgewicht befindliche Mensch. Nehmen Sie diese Bezeichnungen, die ich hier aufschreibe, als etwas sehr Bedeutsames.
Schütze
Jetzt gehen wir zu den anderen über. Wenn Sie hier von dem denkenden Menschen zu dem sein Gleichgewicht suchenden Menschen kommen, so haben Sie zwischen beiden dasjenige, wo man vom Denken hinkommt, wenn man etwas bedacht hat. Wohin kommt man vom Denken? Zum Entschluss. Also Geste V ist der Entschluss, der Gedanke, der sich in die Wirklichkeit umsetzen will.
Steinbock
Nun kommen wir zu dieser Geste (VI). Da sehen Sie der Geste an, dass eigentlich etwas Bedeutsames vorliegt. Das (Geste IV) ist erst der Gedanke. Der mag sehr gescheit sein, aber er braucht sich nicht zu verwirklichen. Er braucht nicht einmal so weit zu kommen, dass er Entschluss wird. Das ist der Gedanke; der kann aber immer noch an den äusseren Verhältnissen scheitern. Da (Geste VI) kämpft er mit den äusseren Verhältnissen: Auseinandersetzung des Gedankens mit der Welt. Das muss dann im ganzen Menschen verarbeitet werden, diese Auseinandersetzung; dann wird eben der im Gleichgewicht befindliche Mensch, der durch die Welt geht, seine Taten ausführen können, wenn er sich erst auseinandergesetzt hat mit der Welt.
Waage
Jetzt gehen wir vom Verstand nach der anderen Seite. Wie ist es denn, bevor man einen Gedanken fasst? Es soll ja zu dem Verstande führen. Bevor man einen Gedanken fasst, haben wir das Abwägen der Voraussetzung eines Gedankens. Also Sie sehen hier (Geste III) in dieser Geste das Abwägen der Voraussetzung des Gedankens.
Jungfrau
Wie kommt aber denn solch ein Abwägen der Voraussetzung nun zustande? Da müssen wir in richtigem Sinne Geste II ins Auge fassen. Wie kommt das zustande? Denken Sie nur, wir gehen vom Gefühl, von der Begeisterung aus (Geste I). Das ist die «lodernde Begeisterung» - die man in unserer Gesellschaft ja so sehr vermisst, aber nun wird sie wenigstens hier dargestellt. - Bevor man zu dem ruhigen Abwägen kommt, auf dem Wege von Geste I zu Geste III, muss erst die vernünftige Ernüchterung eintreten. Geste II: Ernüchterung. Das können Sie, wenn Sie richtig unbefangen fühlen, dieser Gebärde sehr gut anmerken.
Löwe
Dann haben wir die «Begeisterung», die in der Brust sitzt (Geste I).
Krebs
Nun kommen wir hierher (Geste XII). Das ist noch nicht die Begeisterung, oder vielmehr, sagen wir, die Begeisterung geht nach dieser Seite nicht ins Abwägen, nicht ins Urteilen über, sondern sie geht in die Tat über, in den Willensausdruck. Da liegt zunächst zwischen der Begeisterung und dem Willen der Antrieb, wo man aus sich herausgeht, der Antrieb zur Tat. Wenn man begeistert ist, lodert man vorläufig nur. Wenn aber dann die Tat werden soll, muss ein Impuls, ein Antrieb zur Tat entstehen. Wir haben also dann hier (Geste XII) zu sehen den Antrieb zur Tat,
Zwilling
Nun gehen wir weiter. Sehen Sie sich an, was dann wird. Hier ist schon der ganze Mensch erstens einmal überzeugt, dass er die Tat doch tun wird (Geste XI) - es steht ja fast Napoleon da —, aber ausserdem schon Geschicklichkeit ausdrückend in den Beinen, dass er nicht nur wie die ändern steht, sondern fest sich hinstellt. Admirale werden Sie auf den Schiffen immer so stehen sehen. Ich rate Ihnen überhaupt, wenn Sie auf einem Schiffe gehen, immer so zu gehen, Sie werden dann das Schaukeln nicht so stark mitmachen und die Seekrankheit nicht so leicht kriegen. Das ist nicht bloss der Antrieb, sondern die Fähigkeit zur Tat. Also hier haben wir bereits die Fähigkeit zur Tat.
Stier
Und jetzt haben wir in Geste X die Tat selber.
Widder
Aber dann geht es weiter herüber. Wenn die Tat vollbracht wird, was liegt denn durch die Tat dann ausserhalb des Menschen? Sie sehen, der Mensch steht in der Welt drinnen. Er sieht auf dasjenige hin, was durch die Tat geworden ist. Es ist nicht mehr die Tat allein. Er ist schon weggegangen von der Tat, er kann sie schon anschauen, es ist schon das Ereignis, die Tatsache - das Ereignis, das durch ihn geschehen ist, das durch seine Tat geschehen ist. - Wir haben also in Geste IX das Ereignis.
Fische
Und jetzt gehen wir weiter zu Geste VIII: Hier können Sie in der Geste sehen, das Ereignis hat auf den Menschen selber einen Eindruck gemacht. Er hat das Ereignis getan, das Ereignis hat auf ihn einen Eindruck gemacht, es ist zum Schicksal geworden. Wir können also sagen (siehe Schema): das Ereignis ist zum Schicksal geworden.
Nun haben wir ringsherum den Menschen in seinen Elementen erschöpft. Sie sehen, man kann den Menschen in zwölf Elementen darstellen und kann durchaus Gesten finden, welche diesen zwölf Elementen entsprechen.